I think love as we see it in a normative way, I think yeah for me it’s just cheesy, but when I think about love and black spaces and black queer spaces it’s just that one feeling and it just makes me happy

Femdom

Jane, also known as Femdom, is a nonbinary artist based in Cologne, Germany. They have had success with live shows, including at the Schwuz in Berlin, and are set to release their first album «WET» on November 11th through their label ADHD records. Femdom›s music is characterized by smooth beats and sublime rhythms, combined with soft vocals and a salacious undertone. In their lyrics, the artist shares their perspective on healing, consent, and sex from a Black queer perspective, giving anger the space it sometimes needs to breathe in their music. Instagram: @femdom_music Pronouns: they/he/she Links: https://linktr.ee/femdom_music

What is love and how do we all deal with it? How have we learned about love and what has love taught us? How has love changed our lives and how does it change?

Amro, Femdom, and Lex … Three queer artists from Cologne tell of love in their childhood, their first love stories, the exclusion dynamics of love that do not reflect the diversity of identities, and their own definition of love. The videos will be displayed in the exhibition “LOVE?” at the Rautenstrauch Joest Museum in Cologne.

Video production by In-Haus Media 2022

Do you tell yourself that you love yourself?

sometimes in my head, I don’t say it out loud. When I actually do something based on love, I feel that there was zero intentions of anything. It was something really genuine from inside, then I look at myself, and tell me self: ‘good one, love you’

Aaro

Amro, also known as Aaro, is an independent Egyptian artist based in Cologne, Germany and co-founder of @adhd_records. They began their journey in electronic music production in their hometown in Egypt in 2011, and in 2017 moved to Germany to continue making their own music. Two years later, they started a career as a DJ.

What is love and how do we all deal with it? How have we learned about love and what has love taught us? How has love changed our lives and how does it change?

Amro, Femdom, and Lex … Three queer artists from Cologne tell of love in their childhood, their first love stories, the exclusion dynamics of love that do not reflect the diversity of identities, and their own definition of love. The videos will be displayed in the exhibition “LOVE?” at the Rautenstrauch Joest Museum in Cologne.

Video production by In-Haus Media 2022

Vorwort

Ein Museum verstanden als ein aktiver Teil einer demokratischen Gesellschaft, ein Ort, an dem über gesellschaftliche Themen verhandelt wird, muss Platz haben und Platz machen, für Menschen. 

In unserem Projekt „Die Baustelle. Aus Konservierung wird Konversation“ haben wir uns folgende Fragen gestellt: 

  • Wie kann ein Museum ein demokratischer Ort werden?
  • Wie kann Wissens- und Deutungsmacht geteilt werden? 
  • Wie kann ein Museum ein Ort für gemeinsame Erinnerungen in einer diversen Gesellschaft werden? 
  • Wie können verschiedenen Stimmen eingebunden werden, ohne dass es sich um plakative und einmalige Augenblicke handelt? 
  • Wie sieht ein demokratischer Ort in der Praxis aus? 

Große Fragen, die uns zu Beginn des Vorhabens im Kopf schwirrten, und mit denen wir uns auf den Weg gemacht haben. 

Unsere Hauptidee bestand darin, dass wir zum Einen eine rassismuskritische Führung konzipieren und Besucher:innen um Rückmeldungen zur Idee und Durchführung bitten. Dabei stand die Frage im Fokus, wie dem weiß dominierten Narrativ  von der Entdeckung neuer Kontinente durch europäische Seefahrer entgegengewirkt werden kann. Mit der geplanten Führung sollte ein Versuch gestaltet werden, die Dauerausstellung in ihrem jetzigen Zustand gegenzulesen. 

Die Führung sollte nicht nur einen Einblick in oft unerhörte Geschichten geben, sondern durch Beispiele über den Umgang mit Objekten/Subjekten das enge Verhältnis zwischen vergangener rassistischer kolonialer Gewalt und heutigen Kämpfen um Antidiskriminierung, Restitution und Reparation beleuchten. Zum Anderen haben wir eine literarischen Intervention organisiert, mit Lesungen und einem Audioguide, der sowohl in dieser Publikation als auch online aufzufinden ist. 

Literatur ist eine Kunstform, die die Menschlichkeit in all ihren Facetten zeigt, in ihren Abgründen und altruistischen Momenten, in Momenten der Aufgabe und der Behauptung. Literatur zeigt Welt und Menschlichkeit in ihren Möglichkeiten: In dem, was ist, was nicht ist, was hätte sein können, was nicht hätte sein dürfen und doch so war. Und darum sind wir froh, Texte von Sharon Dodua Otoo, Senthuran Varatharajah, Prof. Dr. Peju Layiwola, Gisela Casimiro und Robin Coste Lewis präsentieren zu können. Die Texte der drei letzt genannten Autorinnen sind dank der Übersetzungen von Alexander Estis, Odile Kennel, Beatrice Cordier und Laurine Irmer auch auf Deutsch verfügbar. 

Um das Museum zu einem Ort für Menschen zu machen, gilt es auch die Unmenschlichkeiten sichtbar zu machen, die diesen Ort ermöglicht haben. Nicht die Dinge, die überlebt, die wir mitgenommen haben, nicht die Objekte touristischer, scheinwissenschaftlicher Gier sollten in einem ethnologischen Museum ausgestellt werden, sondern die Zerstörung der Wohnviertel, Menschen und Sprachen, die Entweihung von Heiligen Orten, menschlichen Werten und sozialen Versprechen sollten wir ausstellen. „Denn es war gewollt, dass eine Stille entsteht, wo unsere Lieder, Gedichte, Geschichten und epische Romane hätten sein sollen. / Es war gewollt, dass unsere Schreie hinter einer Glaswand verschwinden, übertönt von hämischem Gelächter, vom Blinken gieriger Kinderaugen und mit diversen Katalognummern versehen. / Es war gewollt, dass meine Ahn*innen hierzulande kein Gehör finden. Doch sie sprechen.“ (S. D. Otoo).

Wir sollten an einem Museum bauen, in dem die Geschichten der Menschen, ihre Sprachen, ihre Beziehungen, ihre Weltsichten, ihre Religionen, ihre Sicht auf die Geschichte und auf die Gegenwart sichtbar, hörbar, fühlbar werden. Ein Museum der Menschen der Welt. Das Betreten der Baustelle ist erwünscht. 

Die folgende Veröffentlichung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil gibt Einblick in die Projektinhalte, der zweite präsentiert den Text- und Audioguide. Im Anhang sind das Begleitheft zur antirassistischen Führung von Ricardo Márquez García beigefügt sowie eine Fotodokumentation des Gesamtprojektes. 

Wir danken allen Beteiligten außerhalb und innerhalb des Rautenstrauch-Joest-Museums  für die Ideen, das Engagement und die Unterstützung unseres Vorhabens sowie dem Fonds Soziokultur für die finanziellen Mittel. 

Und freuen uns auf die weiteren Schritte, die noch zu gehen sind. 

Elizaveta Khan und Jonas Linnebank

Die folgende Veröffentlichung besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil gibt Einblick in die Projektinhalte, der zweite präsentiert ist der Guide. Im Anhang gibt es Fotos und Textausschnitte zu der Antirassistischen Führung von Ricardo Márquez García.

Wir danken allen Beteiligten für die kreativen Ideen, das Engagement und die Unterstützung unseres Vorhabens sowie dem Fonds Soziokultur und freuen uns auf die weiteren Schritte, die noch zu gehen sind.

Herausgebende Organisationen:

Integrationshaus e.V.

Ottmar-Pohl-Platz 5

51103 Köln

www.ihaus.org

0221-99745752

Kunts e.V.

c/o Linnebank

Marbergweg 99

51107 Köln

www.kliteratur.de

Graphik: Salman Abdo und Fadi Elias

Redaktion: Jonas Linnebank, Elizaveta Khan, und Carla Prassel

\ Diese Publikation entstand im Rahmen des Projekts „Die Baustelle. Aus Konservierung wird Konversation“. Ein Projekt des Integrationshaus e.V. und des KUNTS e.V. in Koooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum.

\ Das Projekt wurde gefördert durch den Fonds Soziokultur aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

Köln, Dezember 2022

Die Handreichung gibt es als download hier: Guide zur Dauerausstellung des Rautenstrauch-Joest-Museums

An Interview with Sharon Dodua Otoo about Languages, Political Literature and more..

“yeah so for people to use their own languages from their own cultures from their parents and families from non-german countries and still create in those languages write songs write poetry write novels I think it’s a very political act”

Sharon Dodua Otoo

Sharon Dodua Otoo participated in the project “Die Baustelle. Aus Konservierung wird Konversation”, which aimed to create a democratic space within a museum setting. The project sought to address questions such as how a museum can become a place for shared memories in a diverse society, and how to include a variety of voices without resorting to superficial or one-time events. Otoo, a writer and political activist, contributed new texts to the project. She is known for her prose and essays, and her debut novel “Ada’s Raum” (2021) has been translated into several languages. and in 2016, she won the Ingeborg Bachmann Prize. https://sharonotoo.com/bio

More about “Die Baustelle. Aus Konservierung wird Konversation

tips on how we talk about love? … well first start talking about it … I feel like most people just assume that everyone has the same idea of love and then you find out on the way that you don’t and then things get very messy, we all have our yes and no-nos and those boundaries should be set in every kind of relationship and without them you can’t be loved properly

Lex

Ley Ghafouri [they/them], also known as Lex, an Iranian-German mixed, independent, and non-binary artist based in Cologne, Germany. Since 2012, Lex has been working in the music industry, supporting new artists and helping them find their voices through the writing of lyrics and recording of vocals and guitars for selected projects. Rarely seen in the spotlight, Lex›s sulky voice and smooth guitar riffs add a warm and inviting sound to any project or genre, evoking feelings of longing and belonging. Instagram: @lex.tape

What is love and how do we all deal with it? How have we learned about love and what has love taught us? How has love changed our lives and how does it change?

Amro, Femdom, and Lex … Three queer artists from Cologne tell of love in their childhood, their first love stories, the exclusion dynamics of love that do not reflect the diversity of identities, and their own definition of love. The videos will be displayed in the exhibition “LOVE?” at the Rautenstrauch Joest Museum in Cologne.

Video production by In-Haus Media 2022

Was ist Liebe und wie gehen wir alle damit um? Wie haben wir über Liebe gelernt und was hat uns Liebe gelehrt? Wie hat uns Liebe unser Leben verändert und wie verändert sie sich?

Amro, Femdom, und Lex… Drei queere Künstlerinnen aus Köln erzählen von der Liebe in ihrer Kindheit, ihren ersten Liebesgeschichten, den Ausschlussdynamiken von Liebe, die nicht die Vielfalt von Identitäten widerspiegeln, und ihrer eigenen Definition von Liebe.

Die Videos werden in der Ausstellung “LOVE?” im Rautenstrauch Joest Museum in Köln ausgestellt.

Videoproduktion von In-Haus Media 2022

In 2022 haben wir das Projekt „Die Baustelle. Aus Konservierung wird Konversation“ durchgeführt. Neue Texte von Sharon Dodua Otoo und Senthuran Varatharajah und ein Konzept für eine rassismuskritische Führung sind dabei entstanden. Daneben haben wir Besucher:innen um ihre Meinungen gebeten: Wie kann ein Museum ein Ort für gemeinsame Erinnerungen in einer diversen Gesellschaft werden?

Herzliche Einladung

Am 28.01.2023, 19:00 Uhr, findet nun der zweite Teil von „Das Museum spricht“ statt. Wir stellen den Beitrag Gisela Casimiro vor, gelesen von Ley Ghafouri, und Odile Kennel, Lyrikerin und Übersetzerin, liest Auszüge aus der Übersetzung von Robin Coste Lewis “Voyage of the Sable Venus” vor. Zum Abschluss liest Jonas Linnebank seinen Beitrag über den Namensgeber des Museums.

Aufgrund der begrenzten Plätze bitte wir um eine verbindliche Anmeldung (Vorname, Name, Mailadresse) unter: workshops@ihaus.org

Wir freuen uns auf Sie und Euch und den Austausch!

Robin Coste Lewis verwertet in “Voyage of the Sable Venus” die rassistische Sprache von Museen und Archiven. Wir möchten darauf hinweisen, dass sich in den Texte teilweise gewaltvolle Sprache widerfindet. 

Eine gemeinsame Veranstaltung des Integrationshaus e.V. und der KUNTS e.V. in Kooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum

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Ein Kooperationsprojekt des Integrationshaus e.V. und des Kunts e.V. in Zusammenarbeit mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum, März – Dezember 2022


Was bewegt uns?

Wie kann ein Museum ein demokratischer Ort werden? Wie kann Wissens- und Deutungsmacht geteilt werden? Wie kann ein Museum ein Ort für gemeinsame Erinnerungen in einer diversen Gesellschaft werden? Wie können verschiedenen Stimmen eingebunden werden, ohne dass es sich um plakative und einmalige Augenblicke handelt? Und wie sieht ein demokratischer Ort in der Praxis aus? Das sind die großen Fragen, mit denen wir uns auf den Weg machen wollen.


Wie gehen wir vor?

Unsere praktische Umsetzung ist in zwei Teile gegliedert:

  1. Zunächst einmal werden wir analysieren, welche Barrieren – offen liegende als auch verdeckte – bestehen. In einem zweiten Schritt werden wir uns die verschiedenen Bedarfe anschauen. In einem dritten Schritt werden wir Indikatoren herausarbeiten, an denen wir die oben aufgeführten Fragen „beantworten“ werden. Dieser Prozess passiert durch Interviews und Befragungen sowohl von den Akteur:innen innerhalb der Institution als auch von Besucher:innen.
  2. Der zweite Teil unseres Prozess bilden zwei Ansätze, mit denen wir unsere Fragestellungen mit unterschiedlichen Herangehensweisen in die Praxis übertragen möchten. Zum einen mit der (A.) Erarbeitung einer rassimuskritischen Führung durch die Rautenstrauch-Joest-Museums und zum anderen mit der (B.) Initiierung einer literarischen Intervention.

Was soll am Ende des Projektes sein?

Am Ende haben wir eine Analyse von bestehenden Barrieren vorgenommen und erste Schritte definiert – eine Vision des Museums als demokratischer Ort. Aus diesem Projekt heraus sollen keine Einzelprojekte entstehen, sondern eine dauerhafte Strategie für ein Museum der Zukunft entwickelt werden.

In der Kölner Museumsnacht werden wir unsere Ergebnisse mit den Besucher:innen teilen und Führungen und Lesungen organisieren.


Unsere Ideen für die Praxis

  1. Der Mensch in seinen ANTIKOLONIALEN Welten

Rassismuskritische Führung durch die Dauerausstellung des Rautenstrauch-Joest- Museums

„Der Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit Ende des 15. Jahrhunderts markiert einen epochalen Umbruch von globalem Ausmaß. Die Entdeckung neuer Kontinente durch europäische Seefahrer leitet Europas Vormachtstellung in der Welt ein.“ Mit diesen Wörtern werden Besucher*innen im Bereich ‚Begegnung und Aneignung: Grenz- überschreitungen‘ in dieses Thema eingeführt. Diese zwei Sätze mögen von vielen Menschen als objektiv und faktenbasiert verstanden werden, jedoch verbergen sie zahlreiche Formen von Gewalt, die in diesem musealen Kontext fortgeschrieben werden. ‚Mittelalter‘ und ‚Neuzeit‘ sind zwar akademisch etablierte Begriffe für Epochen, jedoch basieren sie auf europäischen Entwicklungen und sind daher stark eurozentrisch. Von einer ‚Entdeckung neuer Kontinente‘ kann schwer die Rede sein, wenn die Ankunft von Invasoren, Mördern und Menschenhändlern in Abya Yala gemeint ist. Und was ist im oben genannten Zitat mit ‚Europas Vormachtstellung‘ gemeint? Soll das auf einen bis heute andauernden Zustand hindeuten? Hier lässt sich jedenfalls keine objektive Position erkennen, sondern eine Weltsicht, die Entwicklung als etwas lineares versteht, von ‚unterentwickelt‘ zu ‚hochentwickelt‘ (=Vormachtstellung). Soweit eine kurze einführende Kritik, die sich auf zahlreiche Texte in der Dauerausstellung vom Rautenstrauch-Joest-Museum ausweiten ließe.

Wie kann aber diesem Narrativ entgegengewirkt werden? Mit der geplanten Führung wird ein Versuch gestartet, die Dauerausstellung in ihrem jetzigen Zustand gegen zu lesen. Dazu werden sowohl existierende Textpassagen kritisiert als auch Repräsentationsformen von Objekten/Subjekten. Welche Bilder ‚außereuropäischer Kulturen‘ werden produziert und reproduziert und welche Alternativen wären möglich? Welche Stimmen wurden in dieser Ausstellung ausgelassen und was könnten sie uns über die ausgestellten Objekte/Subjekte erzählen? Dieser Ansatz knüpft an die Methodik der vergangenen Sonderausstellung ‚RESIST! Die Kunst des Widerstands‘, bei der eine Mehrstimmigkeit grundlegend war, um die Vergangenheit und Gegenwart antikolonialer Kämpfe zu beleuchten. Denn es sollte nicht um oft reproduzierte eurozentrische Narrative über Kolonialgeschichte gehen, sondern um den Widerstand dagegen, damals und heute.

Die geplante Führung soll nicht nur einen Einblick in diese oft unerhörten Geschichten liefern, sondern durch Beispiele über den Umgang mit Objekten/Subjekten das enge Verhältnis zwischen vergangener rassistischer kolonialer Gewalt und heutiger Kämpfe um Antidiskriminierung, Restitution und Reparation beleuchten. Ebenso ist angedacht, eine Depotführung als Beitrag zur Öffnung und Transparenz des Museums als Institution zu etablieren.


One of the Drawers containing subjects/objects located in RJM Depot.
  • Das Museum spricht

Vom Konservieren zur Konversation: Eine Literarische Intervention

Wir gehen in Museen, betrachten die Ausstellungsstücke, holen uns – wenn wir das wollen – auf unterschiedlichen Wegen Informationen zu den Eindrücken, die wir sammeln, und gehen nach Hause. Dort können wir erzählen, was wir gesehen haben. Was haben wir gesehen? Nach dem Besuch des Rautenstrauch-Joest-Museums erzählen wir wahrscheinlich von Masken, Türen, Bronzen, deren Herkunft, eventuell über deren Gebrauch und Alter.

Seit einigen Jahren ist dieser Ablauf durch post-koloniale und rassismuskritische Theorien und Praktiken gestört. Es wird über Restitutionen, Strafexpeditionen, Kolonialisierte und Kolonialverbrechen, Landraub und Genozid gesprochen. Das Museum, die Menschen, die es gründeten und ausstatteten, die, die es kuratieren und leiten, rücken in den Vordergrund. Es werden Stimmen laut von Menschen, die beraubt wurden, deren Familien gefoltert, ermordet, deren Lebensgrundlage vernichtet wurde. Diese Narrative sollen im Jahr der Rückgaben der Benin Bronzen aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum nach Nigeria im Museum sprechen und gehört werden.

Da die Literatur die Kunst und Praktik ist, Geschichten zu erzählen, möchten wir in Zusammenarbeit mit dem Museum und dem Integrationshaus e.V. einen literarischen Audioguide erstellen. Er wird die Geschichten von Besucherinnen wie Peju Layiwola erzählen, die in ihrem Gedicht „I have come to take you home“ ihre Eindrücke und Gedanken schildert, während sie die Ausstellung des Museums besucht. Ein Gedicht, das kein Objekt beschreibt, sondern ein lebendiges Gegenüber. Ein Gedicht, das das Museum hervortreten lässt und einen Weg „durch Taschen von Plünderern, von Auktionstischen zu/ stummen Kammern der Museums-Keller“.

Wir fragen uns: Was würde das Museum antworten? Würden Adele Rautenstrauch und Wilhelm Joest loslassen können? Welche Geschichten erzählen die Menschen aus Köln? Inwiefern sind sie anders – oder ähnlich – zu den Geschichten derer, die nicht aus Köln kommen? Was will das Museum? Was wollen die Menschen, die in das Museum besuchen? Wie sehen die Schnittmengen, die Auseinandersetzungen aus? Wie die Probleme, Hoffnungen und Gegenseitigkeiten? Was ist möglich? Was nicht? Wir fragen uns und geben die Fragen an das Publikum weiter. An den Ausstellungsort und an die Wesen und Dinge, die es bewohnen. Wir hören zu. Und das Museum spricht.


Integrationshaus e.V.
Elizaveta Khan | elizaveta.khan@ihaus.org

Ricardo Márquez García | rimar27@hotmail.com

Kunts e.V.

Jonas Linnebank | jolin@ihaus.org


Das Projekt wird durch den Fonds Soziokultur aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR gefördert.

Organisationsverfassung, Manifest, Vision: Was wollen wir eigentlich? 

  • Wofür steht unserer Einrichtung?
  • Welche Atmosphäre wollen wir schaffen?
  • Was sind unsere Ziele? 

Bestandsaufnahmen: Was machen wir schon? 

  • Welche Aktivitäten machen wir schon, um „unsere“ Atmosphäre zu schaffen? 
  • Was könnten wir noch alles machen?
  • Gab es Anregungen, Kritik, Beschwerden zu „unserer“ Atmosphäre?
  • Was sagt unser Team dazu, was sagen unsere Engagierten dazu? 
  • Wen sprechen wir mit unseren Angeboten an, wer fühlt sich bei uns willkommen?
  • Woher wissen wir das? 
  • Was können wir tun, damit LGBTQIA+, Menschen mit Behinderungen, negativ von Rassismus und Diskriminierung betroffene Menschen sich bei uns willkommen fühlen? 

Bestandsaufnahme II: Wer kommt alles zu uns?

  • Wie divers sind unsere Besucher:innen? Wenn wir diverse Besucher:innengruppen nicht erreichen, woran kann das liegen? 
  • Wollen wir ein diverses Publikum ansprechen?
  • Ist unsere Organisation sicher für FLINTA+, BIPoC und LGBTQIA+? Wollen wir FLINTA+, Menschen mit Behinderung und marginalisierte Gruppen unterstützen und ihnen einen (möglichst) sicheren Raum bieten, der sie willkommen heißt?
  • Wie sollen sich unsere Besucher:innen verhalten und miteinander umgehen?
  • Welche Sprachen (Mehrsprachigkeit, diskriminierungssensible Sprache) sollen genutzt werden? 
  • Versuchen wir das Geschlecht einer Person über deren Aussehen festzumachen?
  • Benutzen wir selbstverständliche Pronomen, ohne die Person zu fragen, wie sie angesprochen werden möchte?

Bestandsaufnahme III: Barrierefreiheit

  • Ist unsere Organisation für Menschen mit Behinderungen betretbar?
  • Haben wir Angebote, Menschen mit Behinderungen zu begleiten und zu unterstützen, unsere Angebote wahrzunehmen? 
  • Können Assistenzhunde mitgebracht werden?
  • Gibt es Sitzplätze für mobilitätseingeschränkte Personen in den Räumen?
  • Gibt es behindertengerechte Toiletten? 
  • Informieren wir über unsere Barrierefreiheit oder über unsere Barrieren?

Bestandsaufnahmen IV: Unser Team 

  • Wie divers ist unser Team? Wer ist bei uns in welcher Position beschäftigt? 
  • Sind unsere Teammitglieder aktiv bei diskriminierendem Verhalten?
  • Sind unsere Teammitglieder offen und freundlich und gestalten die Atmosphäre der Einrichtung mit? 
  • Gibt es klare Abläufe, wie bei Vorfällen zu handeln ist, z.B. Täter:innen entfernen oder Hausverbot erteilen, die Polizei rufen, etc.? 
  • Wer vom Personal entscheidet bei einem Vorfall, wie läuft intern die Kommunikation ab?
  • Haben die Teammitglieder eine Awareness Schulung gemacht?
  • Gibt es im Team bestimmte Ansprechpartner:innen, die bei Vorfällen angesprochen werden können?
  • Können sich Betroffene an alle Teammitglieder wenden? 
  • Gibt es weitere Möglichkeiten, wie eine Telefonnummer oder Messenger Dienste, um sich bei Vorfällen melden zu können?
  • Haben die Teammitglieder sich zum Thema Barrierefreiheit fortgebildet?

Bestandsaufnahme V: Unsere Angebote 

  • Bei externen Referierenden: Achten wir darauf, ob externe Referierende problematische Hintergründe (z.B. Verbindungen zu rassistischen Organisationen, sexistische Vorkommnisse etc.) haben?
  • Wie sieht unsere Öffentlichkeitsarbeit für die Angebote aus? Wen bilden wir ab, welche Sprachen nutzen wir? Gibt es eine klare Haltung in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit? 
  • Gibt es Vereinbarungen, dass Angebote und Veranstaltung abgesagt werden, wenn es zu diskriminierendem oder übergriffigem Verhalten kommt?

Bestandsaufnahme VI: Wen und was gibt es noch? 

  • Gibt es Kooperationen und/oder Informationen mit Anlaufstellen zu Organisationen, die sich mit Vorfällen beschäftigen, die ihr Betroffenen bei Vorfällen für weitere Unterstützung geben könntet?
  • Gibt es in der Einrichtung ein Poster oder Flyer, die Besucher:innen sagen, welches Verhalten nicht akzeptabel ist und vor allem auch welche Atmosphäre wir uns in der Einrichtung wünschen?
  • Gibt es Informationen, um sicher nach Hause zu kommen, z. B. Hilfe mit Taxis? 

Bestandsaufnahme VII: Wie sieht es denn bei uns aus? 

  • Sind unsere Räume hell und freundlich eingerichtet?
  • Gibt es Rückzugsräume für Betroffene, wenn einen Vorfall gegeben hat oder jemand einen ruhigen Platz braucht? Wenn nein: Können wir so einen Raum schaffen? 
  • Haben wir geschlechtsneutrale Toiletten?
  • Werden Hygieneartikel (Tampons und Binden) in den Toilettenräumen kostenlos zur Verfügung gestellt?

Bestandsaufnahme VIII: Wie wirken wir nach außen?  

  • Wie erfahren Besucher:innen über „unsere“ Atmosphäre? Wie erfahren unsere Besucher:innen, über die in unserer Organisation geltenden Verhaltens- und Umgangsregeln?  
  • Gibt es Plakate, Poster, Flyer dazu? In welchen Sprachen? 
  • Gibt es Veröffentlichungen dazu auf unserer Homepage, unseren social media Kanälen? 
  • Gibt es Veröffentlichungen dazu in der Öffentlichkeit, bspw. in einer Pressmitteilung? 
  • Wie werden Teammitglieder und neue Mitarbeitende über Verhaltens- und Umgangsregeln informiert? Können sie diese mitgestalten? 
  • Gibt es die Informationen über Verhaltens- und Umgangsregeln für externe Referierende, externe Kooperationspartner etc.? 
  • Können Besucher:innen Rückmeldungen zu den Verhaltens- und Umgangsregeln geben?     
  • Wie gehen wir mit Kritik, Ideen und Vorschlägen um? Wer entscheidet über Verbesserungen und Änderungen?

A. Team- und Gruppenkonstellationen beachten

Gruppenkonstellationen in Einrichtungen sind unterschiedlich: homogen-weiße beziehungsweise mehrheitsangehörige Konstellationen, heterogenere Konstellation aus Schwarzen Menschen, Person of Colour und Indigious People und weißen Fachkräften etc. Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse und verinnerlichten (rassistischen) Wissensbestände bilden sich häufig auch in den Teams ab. Es kommen sehr verschiedene Menschen mit ganz unterschiedlichem Vorwissen und vielfältigen Erfahrungshintergründen zusammen.

Mögliche Fragen zur Teamreflexion (nach LAG Mädchen*arbeit 2021): 

  • Welche Privilegien spiegeln sich in unserem Team wieder? 
  • Welche Reflexionsräume haben wir dafür? 
  • Welche De-Privilegierungen spiegeln sich in unserem Team wieder?
  • Gibt es dafür Reflexionsräume (Safe(r) Spaces) und wenn nicht, wie können diese auch außerhalb der Einrichtung hergestellt werden?

Aufbauend auf der Diskussion dieser Fragen im Team (am besten unter externer Begleitung) kann gemeinsam diskutiert werden, welche weiteren Schritte – getrennt oder gemeinsam je nach Positionierung – gegangen werden können. 


B. Gemeinsame Grundlagen schaffen 

Grundlage rassismuskritischer Prozesse ist die Erarbeitung einer gemeinsamen theoretischen Grundlage (Wissensvermittlung) und eines gemeinsamen – bestenfalls institutionellen – Verständnisses von Rassismus. Dazu gehört es, 

1. ein Bewusstsein über die eigene Berufsgruppenzugehörigkeit zu schaffen und den Einfluss dieser auf das berufliche Handeln zu reflektieren, 

2. kritisch zu sein gegenüber Diskriminierungsfaktoren in der eigenen Einrichtung, 

und

3. die Aneignung von Fähigkeiten, um Dialoge über Diskriminierungs-faktoren zu initiieren und in Gang zu halten. 

Hilfreich sind  entsprechende  Teamworkshops.  Neben der Wissensvermittlung sollte in den Workshops aber niemals die emotionale Komponente, die das Thema immer mit sich bringt sowie die Gruppendynamik  vernachlässigt werden. Es können Prozesse und Dynamiken entstehen, die supervisorisch begleitet und/oder aufgefangen werden müssen. Hier ist ein multiperspektivisches Team hilfreich für die Begleitung eines solchen Prozesses.

Empfehlung: Multiperspektivische Teams sind für diesen Prozess unabdingbar: In einem diversen Team können unterschiedliche Erfahrungen und Wissensbestände auch unter den Durchführenden sichtbar gemacht werden und so eine Identifikation der Teilnehmenden mit verschiedenen Positionierungen ermöglichen. Dabei kann sich das Team auch darüber verständigen, wer in welchen herausfordernden Situationen vorrangig (re-)agiert. Um Machtverhältnisse bzw. in der Gesellschaft übliche Zuständigkeiten so wenig wie möglich zu reproduzieren (z.B. Rationalität und akademisches Wissen auf der weißen Seite, Emotionalität auf der nicht-weißen Seite) gilt es, dies zu reflektieren. Feedback und Auswertungsschleifen auch über die Rollenteilung im Team haben darin ihre große Bedeutung  (vgl. Bildungsteam Berlin-Brandenburg, 2018: S. 8).


C. Prozessbegleitende Räume zur Reflexion der Praxis und zur Einübung einer reflexiven Haltung sicherstellen

Rassismuskritische Prozesse brauchen reflexive Orte, an welchen der Zusammenhang zwischen pädagogischem Handeln und den individuellen und institutionellen Rahmenbedingungen dieses Handelns reflektiert werden kann – insbesondere mit Blick auf Widersprüche, Dilemma und Ambivalenzen (vgl. Broden, 2017). Dabei muss ein doppelt angstfreies Klima herrschen: Die reflexiven Räume müssen davor schützen, dass Rassismus nicht unwidersprochen oder gar dethematisierend reproduziert wird. Dennoch muss es möglich sein, sich ohne die Furcht, „etwas Falsches‘“ zu sagen, äußern zu können (vgl. Weis 2017: S. 33). Die emotionale Auseinandersetzung geht auch mit der Suche nach Antworten auf Fragen einher, wie die gesellschaftliche Positioniertheit, damit verbundene Diskriminierungserfahrungen oder Privilegien, sich auf die tagtäglichen Erfahrungen und Verhaltensweisen auswirkt. 

Die Ebene der Emotionen sollte deshalb in den diskriminierungskritischen Lernprozess ganz bewusst mit einbezogen werden. Die kritische Reflexion der eigenen Gefühle beim Sprechen und Lernen über Diskriminierung kann Teilnehmenden dabei helfen, den negativen Emotionen nicht mit Abwehrverhalten nachzugeben, sondern sie als Teil des eigenen Lernprozesses zu begreifen, sie im Hinblick auf strukturelle Diskriminierung zu hinterfragen und produktiv zu navigieren (vgl. Bönkost, 2019a: S. 2f.). 

Fachkräfte of Color sind gleichzeitig in den Einrichtungen auch Vorbilder für Besucher:innen der Zentren. Sie sollten, angesichts ihrer selbst durchlebten rassistischen Erfahrungen Empowerment erfahren können, um behutsam mit eigenen Kraftressourcen umzugehen und zu lernen, ihre körperliche und psychische Unversehrtheit zu wahren. 

Diese Phasen der Auseinandersetzung und Sensibilisierung könnten analog der Handlungsleitlinien teilweise getrennt und teilweise gemeinsam in multiperspektivischen Teams durchgeführt werden. 

Nach einer ersten Sensibilisierungsphase könnte eine Praxisphase eingebaut werden (Nachhaltigkeit). Entweder ein kleines Praxisprojekt oder konkrete Arbeit an Fallfragen der Mitarbeitenden (supervisorisch begleitet) oder an konkreten Beispielen. Auch wäre ein langfristiger Begleitprozess sinnvoll, beispielsweise in regelmäßigen Abständen (z.B. halbjährlich) Gespräche oder Reflexionsrunden zum fortschreitenden Prozess von Veränderungen in der Einrichtung (vgl. hierzu auch die Arbeit von Bönkost/Apraku, 2019). 

Empfehlungen: Nettiquette und gemeinsame Regeln am Anfang für Austauschräume festlegen wie z.B. :

  • Im Rahmen des Austauschraums duzen wir uns.
  • Bei digitalen Formaten: Es wäre toll, wenn alle ihre Videos einschalten, so dass wir uns gegenseitig sehen.
  • Persönliche Themen, die wir ggfs. ansprechen, bleiben dort wo sie angesprochen wurden. 
  • Wichtig ist es auch, uns gegenseitigen Respekt und Wertschätzung entgegen zu bringen.
  • Dies ist ein Raum für Lernen, Verlernen und Austausch.
  • Unser Raum soll energiespendend und nicht raubend sein, d.h. es ist kein Platz für Intoleranz, Hass, Beleidigungen, sondern ein Ort für das Zuhören und die gemeinsame Entwicklung hin zur Gesellschaft, die wir uns hoffentlich alle wünschen.
  • Trotzdem sind wir alle ganz sicher nicht fehler- oder vorurteilsfrei und lernen daher gemeinsam!

Katharina Debus (2021) hat in ihren Seminaren einige Wünsche an die Arbeitsweise und Lernatmosphäre formuliert, die sich auch gut auf Austauschräume (gemischte Räume, wie auch weiße Räume) übertragen lassen:

Gute Lernbedingungen zu Diskriminierungskritik sind:

  • Lernende Grundhaltung, Selbstregulation, Freiwilligkeit, Selbstsorge
  • Von Unterschiedlichkeiten in der Gruppe ausgehen
  • Achtsamkeit mit Pronomen, Geschlechts- und Zugehörigkeitszuschreibungen
  • Wissen nicht voraussetzen und gerne nachfragen
  • Unsicherheiten formulieren können als Kompetenz (Kompetenzlosigkeitskompetenz)
  • „ich“ statt „man“ bei persönlichen Aussagen
  • Raum für Differenz und Grenzachtung bei persönlichen Fragen
  • Ratschläge und Resonanz auf persönliche Erzählungen (Wünsche erfahren)
  • Vorsicht mit Zuschreibungen und „Du-Botschaften“ (auch bei guter Intention)
  • Fragen und Grenzsetzungen als Geschenk an den Kontakt
  • Hilfestellungen bei Unsicherheiten
  • Fehlerfreundlichkeit, Wohlwollen & Verantwortungsübernahme
  • Bemühen um nicht-diskriminierendes Sprechen & Handeln 
  • Unterscheidung zwischen Intention/Absicht & Effekt/Wirkung 
  • Solidarische Kritik & kritische Solidarität als Bedingung für Lernen über Diskriminierung: spezifisch und handlungsbezogen 
  • Kontroversität & Wissen um eigenes Nicht-Wissen
  • Blick für Spannungsverhältnisse & Ambivalenzen 
  • Interessierter Blick auf die eigenen Emotionen (davon lernen statt bewerten) 
  • Aufmerksamer Umgang mit Zitaten diskriminierender Begriffe  

D. Hürden und Fallstricke

Es ist nicht einfach, die unterschiedlichen Wissensbestände und Bedürfnisse aufzugreifen, die nicht immer ausgehandelt werden können. Die folgenden Hürden haben wir gesammelt, weil wir darin nützliches Potenzial für die Weiterentwicklung des Austauschraumes sehen:

  • Lernprozesse sind schwer zu begleiten – langfristig hält es uns als Gruppe eher auf, wenn wir versuchen, jeden Reflexionsprozess gemeinsam zu gehen und das sollte auch nicht der Anspruch sein;
  • Nachhaltigkeit – über den Punkt des Austauschs hinaus in das tatsächliche Teilen von Privilegien und Macht zu kommen;
  • Erwartung, dass der Raum ein „Selbstläufer“ ist – Räume müssen aktiv gestaltet werden und das erfordert das Aufrechterhalten von Motivation und der Bereitschaft „dranzubleiben“;
  • Ressourcen und Zeitfaktor – es ist kein Bildungsseminar im klassischen Sinne, aber es geht auch nicht um eine reine „Freizeitbeschäftigung“;
  • …und jetzt kommen wir zu dem Potenzial:
  • Lernprozesse sind schwer zu begleiten – der Anspruch sollte nicht sein, immer zu wissen, in welchen Prozessen die Gruppenmitglieder sich gerade befinden, sondern eher das Wissen darum, dass wir uns alle individuell und kollektiv darum bemühen, die eigenen rassismuskritischen Lernprozesse aufrecht zu erhalten, auch wenn wir an unterschiedlichen Punkten sind;
  • Nachhaltigkeit – der Austausch ist ein erster Schritt, um sich die eigenen rassistischen Denk- und Handlungsmuster bewusst zu machen, zu verbalisieren und zu reflektieren; Verbündetenschaft können wir als weiße Gruppe ohnehin nicht definierten, aber uns dabei ermutigen, „Braver Spaces“ im kleinen Rahmen zu kreieren, um für Alltagssituationen zu üben;
  • Erwartung, dass der Raum ein „Selbstläufer“ ist – Gestaltungsfreiraum ist da, um genutzt zu werden und Routinen zu durchbrechen gehört dazu, wie in jeder anderen Lerngruppe, um Lerneffekte aktiv zu halten;
  • Ressourcen und Zeitfaktor – das Setzen von Prioritäten ist als individuelle Aufgabe verbunden mit einer einfachen Rechnung, denn sie kann so viele Vorteile für die Gruppe bringen, wie Individuen sich daran halten.

Checklisten und praktische Tipps zur Unterstützung der Prozesse 

Reflexion, Bestandsaufnahme und Maßnahmen betreffen verschiedene Dimensionen und Ebenen von Organisationen. Die Etablierung rassismus- und diskriminierungskritischer Reflexionsprozesse und Institutionalisierung dieser Prozesse ist als Organisationsentwicklungsprozess zu verstehen. Als Start bietet sich die Arbeit mit einem der zahlreichen Fragebögen und Checklisten an, die in den letzten Jahren entwickelt worden sind (zuletzt LAGMA*, aber auch von Seng und Bönkost). Nicht immer begibt sich eine gesamte Organisation auf den Weg zu einer rassismus- oder diskriminierungskritischen Öffnung. Häufig sind es einzelne Personen, die sich für Veränderungen stark machen. Ihnen kann der Fragenkatalog dabei helfen, Rassismus im Hinblick auf einen bestimmten Teilbereich der Organisation zu bearbeiten sowie als Thema handlungsorientiert einzubringen und zu einer Beschäftigung mit Veränderungsstrategien anzuregen (vgl. Bönkost 2019a: S. 7).


Literaturtipps für weiße Austauschräume (zum Einstieg in persönliche Auseinandersetzungsprozesse, aber auch für Diskussionen untereinander: 

Hasters, Alice (2019): Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten.

Amjahid, Mohamed (2017): Unter Weißen. Was es heißt privilegiert zu sein. 

Amjahid, Mohamed (2021): Der weiße Fleck. Eine Anleitung zum antirassistischen Denken. 

Sow, Noah (2018): Deutschland schwarz weiß

Ogette, Tupoka (2017): Exit Racism. Rassismuskritisch denken lernen. 


Sebastian Seng (2017) schlägt zielführend im Sinne der Einführung von change Managementprozessen die Arbeit mit dem 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin vor: “Spezifika wären dann in der ersten Phase, sich ein gemeinsames kritisches Verständnis von Rassismus und insbesondere von institutionellem Rassismus zu erarbeiten und zu reflektieren, welche Position man selbst im Rahmen rassistischer Normalität einnimmt. Im Rahmen der dritten Phase wäre es essenziell, dass sich Mitarbeiter*innen usw. kontinuierlich fortbilden können und Räume vorhanden sind, um die eigene Arbeit zu reflektieren“ (Seng ,2017: S. 14). Hilfreich sind auch die von ihm benannten Reflexionsfragen für Organisationsprozesse (vgl. Seng, 2017: S. 14ff.): 

In der ersten Dimension der „Normen und Selbstverständlichkeiten“ geht es z. B. um:

  • Das Selbstverständnis der Organisation und ihrer Mitarbeiter*innen, inwiefern also die Themen Rassismus und  Rassismuskritik  darin verankert sind.
  • Die gemeinsamen Begriffsverständnisse.
  • Die Frage, wie das Thema Rassismus besprochen wird: Wer ist dafür verantwortlich? Wie stehen die Leitungskräfte dazu? Wer wird in der Organisation willkommen geheißen und wer darf sich dort zu Hause fühlen?
  • Die Frage, wie die Organisation mit Selbst- und Fremdbezeichnungen afrodeutsch, Schwarze Deutsche, Sinti, Ashkali usw. statt Migrant:in“, „Flüchtling“, „Ausländer:in“ usw.) umgeht.
  • Die Frage, wie geht die Organisation mit Sprache im Sinne einer diskriminierungssensiblen Sprache um, wie mit Mehrsprachigkeit und dem Bedarf nach einer Sprachmittlung?
  • Die Frage, welche Normalitätsvorstellungen z. B. die in der Einrichtung aufgehängten Bilder, Poster, Aktivitäten, Feste oder das angebotene Essen vermitteln.
  • Die Frage, wie wird mit Rassismus und diesbezüglichen Beschwerden umgegangen.
  • Die Frage, ob es bspw. ein Schutzkonzept, transparente Regelungen und Zuständigkeiten gibt.
  • Die Frage, welche Ressourcen werden zur Verfügung gestellt, um Mitarbeiter:innen zu sensibilisieren und Betroffene zu stärken?

Fragen zur Organisation?

  • Wer arbeitet in dieser Institution an welcher Position? 
  • Bilden die Mitarbeiter*innen den Querschnitt der Zielgruppe ab? 
  • Welche Sprachen werden gesprochen, welche Feste gefeiert? 
  • Gibt es den Raum und die Möglichkeit, angstfrei über Rassismuserfahrungen zu sprechen? 
  • Welche Mitspracherechte bestehen für alle? 
  • Fühlen sich die Mitarbeiter:innen sicher im Umgang mit Diskriminierungen? 
  • Ist sich das Team sicher, dass die Einrichtung ein demokratischer und menschenrechtsorientierter Ort ist? 
  • Gibt es für die Mitarbeiter:innen Räume der (Selbst)Reflexion, Supervision und Fortbildungsangebote? 
  • Herrscht eine fehlerfreundliche Kultur im Team (inkl. Leitung und Hausmeister:in?)

Personen

  • Dabei geht es vor allem darum, die  Zusammensetzung  der  Mitarbeiter:innen und Adressat:innen, die Art der Stellenbesetzung und den Stellenwert rassismuskritischen Wissens bei der Einstellung und Qualifizierung der Mitarbeiter:innen zu reflektieren.

Strukturen

  • Hier gilt es zu überprüfen, wie Entscheidungen getroffen werden, Arbeitsabläufe organisiert sind, Finanzmittel vergeben werden und welche Rolle die Auseinandersetzung mit Rassismus in den Qualitätsstandards der Organisation spielt.
  • Wer ist in Entscheidungsgremien repräsentiert? 
  • Wer weiß überhaupt, wie Entscheidungen getroffen werden? 
  • Wie werden Differenzkategorien, Stereotype oder Gleichheitsgrundsätze bei Entscheidungen genutzt und welche Auswirkungen haben Entscheidungen auf assistisch diskreditierbare Menschen?
  • Wessen Erfahrungen werden überhaupt in die Entscheidungsfindung einbezogen?
  • Mit welchen Organisationen kooperiert die Einrichtung? Werden z. B. Organisationen von rassismuserfahrenen Menschen in die Erarbeitung von Konzepten einbezogen?

Bei Angeboten und Aktivitäten

  • Geht es um die Struktur der Teilnehmer:innen und Teamenden und darum, wessen Bedürfnisse und lebensweltlichen Erfahrungen in die Vorbereitung und inhaltliche Gestaltung von Lernangeboten einbezogen werden.

Bei der Gestaltung der Materialien  der Organisation wäre bspw. zu beachten, 

  • wer die Organisation nach innen und außen repräsentieren darf.
  • Mit welchen Bildern sich die Organisation darstellt.
  • Wann in Materialien Differenzmerkmale und –kategorien zum Thema gemacht werden. 
  • Wann nicht und wie rassistisch diskreditierbare Menschen dargestellt werden, z. B. als Sonderfall oder Stereotyp? 
  • Wessen  Wissen und lebensweltliche Erfahrungen spielen in den Materialien der Organisation eine Rolle?

Räume und physische Mittel sollten

  • daraufhin überprüft werden, ob sie für alle zugänglich sind.  Das hat gerade beim Thema Rassismus eine sozialräumliche Komponente.
  • So wäre z. B. zu fragen, ob rassistisch diskreditierbare Menschen Angsträume durchqueren müssen, um die Organisation überhaupt erreichen zu können.

Fragen zu Angeboten, Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerk 

  • Wer macht wem welche bildungsrelevanten Angebote?
  • Wer spricht? Wessen Perspektiven werden dargestellt bzw. gehört? 
  • Wessen Perspektiven werden nicht repräsentiert?
  • Reflektieren die Bilder und die Sprache auf Veröffentlichungen, das Essen, Musik etc. bei Veranstaltungen, die Art und Weise der Kommunikation die gelebten Realitäten, Kulturen und Ästhetiken von nicht weißen Gemeinschaften? 
  • Finden die Veranstaltungen in weiß dominierten Räumen statt? 
  • Wer wird wie repräsentiert? z.B.: Sind Schwarze Menschen als Wissensträger:innen sichtbar und ganz selbstverständlich, beiläufig ein Teil des Geschehens bzw. autonome Akteur:innen?
  • Wer wird nicht repräsentiert?
  • Ist Ihre Organisation mit Organisationen, die von BIPoC´s geführt sind, vernetzt und in Bündnissen? Unterstützt Ihre Organisation ihre Projekte und Kampagnen? 
  • Suchen Sie Input und Beratung von solchen Organisationen für Ihre Entscheidungsprozesse (Angebot, Ansprache etc.)? 
  • Welches/wessen Wissen wird als relevant erachtet bzw. wie viel Raum wird welchem Wissen gegeben? Was fehlt? Wie können wir einen anderen Kanon schreiben?
  • Was (und wer) wird als ›wissenschaftlich‹ und was als allgemeinbildender Wissenskanon angesehen, was (und wer) als unwissenschaftlich oder weniger wichtiges Spezialwissen abgewertet/ausgeschlossen?
  • Wie wird die Einrichtung beschildert?
  • Welche Broschüren in welchen Sprachen liegen aus?
  • Wie können wir diskriminierungsärmere Räume schaffen?

Und nun? 

Die Ausprägungen auf struktureller, institutioneller und individueller Ebene betrifft alle Mitglieder unserer Gesellschaft. Was bedeutet es, in diesen Strukturen mit der eigenen weißen Positionierung zu leben, zu arbeiten, zu sprechen etc.? Wie können sich weiß positionierte Personen kontinuierlich mit ihren Privilegien auseinandersetzen, diese teilen, sich solidarisch zeigen und so zu mehr Gerechtigkeit beitragen? Wie können sie Bündnisse schließen und Bündnispartner:innen sein? Diese und noch viel mehr Fragen bewegen uns täglich … Ein erster Schritt kann die Schaffung von Reflexionsräumen für weiß positionierte Menschen sein.  

Für Menschen mit Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen ist die Suche nach Wegen und Strategien des Empowerment bis heute essentiell. Empowerment ist Befreiung in gesellschaftlichen Ungleichheits- und Unterdrückungsverhältnissen von und durch von diesen Verhältnissen betroffene Gruppen und Communities. Empowerment ist Ermächtigung, Selbstorganisation, Heilung und (Wieder-)Aneignung von Geschichten über und durch Menschen mit Diskriminierungserfahrungen. Empowerment erscheint im miteinander Handeln und Sprechen, im Vortragen, im Schreiben, in Symbolen, in Musik und Film, in der Kunst, in Büchern, in Podcasts, auf Veranstaltungen, im Stadtteil oder im digitalen Raum, in aktivistischen und politischen Kontexten und auch in Safer Spaces. Und Empowerment kann in Interkulturellen Zentren erfahren werden, da viele Zentren aus der Empowermentbewegung heraus gegründet wurden. 

Wohl  wissend,  dass  die  strukturellen  Rahmenbedingungen,   Erfahrungswerte, Motivationen, Interessenlagen, politische Diversität sich in den jeweiligen Interkulturellen Zentren der Stadt Köln sehr unterschiedlich sind, haben wir zum Abschluss der Broschüre verschiede Organisationen aufgesucht und viel Literatur gesichtet. Aus den Erfahrungen haben wir einige Punkte zusammengestellt, die als Anregung für die Interkulturellen Zentren der Stadt Köln zur Schaffung von inklusiven Räumen dienen können. Es ist klar, dass es sich nicht um einmalige Aktionen handelt, sondern um einen Organisationsprozess. Deswegen geht natürlich nicht alles auf einmal, und vielleicht auch nie so, dass tatsächlich Räume für alle geschaffen werden können. Aber das Bemühen darum ist immer richtig. 

Die Interkuklturellen Zentren engagieren sich weiterhin dafür, Orte für alle zu kreieren: empowernd und diskriminierungskritisch.  

Neben des Engagements in den Interkulturellen Zentren, braucht es aber auch entsprechende sturkturelle Rahmenbedingungen. Zum einen ist die Schaffung von Räumen keine Projektartbeit, sondern eine daurende Aufgabe. Ohne eine strukturelle Förderung ist eine Realisierung der hier vorgestellten Räumen zur Reflexion und für Empowerment nicht möglich. 

Zum anderen benötigt es die Anstrengung aller gesellschaftlichen Akteur:innen und  vor  allem der politischen  Institutionen.  Welche  Vorstellung von Gesellschaft sind hier tragend und spiegeln sich in entsprechenden Programmen und Förderungen wieder? Wenn wir keine gemeinsame Vision haben, wie wir zusammenleben und miteinander kommunizieren möchten, wie wir Ressourcen teilen und Gemeinsames gestalten wollen, fehlt auch die Orientierung. 

Eine Erarbeitung gemeinsamer Vorstellungen und der entsprechenden Rahmenbedingungen wird dazu führen, dass mehr diskrimnierungsfreiere Räume entstehen können. Deswegen freue wir uns, wenn in den nächsten Jahren eine Vision für das Miteiannder entwickelt werden kann.

Abschließend finden sich auf den folgenden Seiten Anregungen für die Praxis. Die Fragen  können  bei konkreten nächsten Schritten unterstützen. Sie sind nicht als abschließend zu verstehen, sondern sollen kleinen, mittleren und großen Organisationen helfen, Veränderungen unmittelbar bis mittelbar umzusetzen. 

Wir danken allen, die für die Erstellung dieser Handreichung ihre Ideen und ihre Kritik eingebracht haben!

Dieser Artikel ist Teil unserer Publikation: “Handreichung: „Handlungsleitende Prinzipien. Safer Spaces für Schwarze Menschen, People of Colour und Indigenous People schaffen. Reflexionsräume für weiß positionierte Menschen initiieren” Weitere Informationen finden Sie hier

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