Weiß positionierte Menschen können in Reflexionsräumen Fragen und Unsicherheiten besprechen, ohne diskreditierbare Personen zu verletzten. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass nicht alle weiß positionierten Mitarbeiter:innen zur kritischen Reflexion eigener Ressentiments, der Verwobenheit der individuellen Vorurteile mit dem problematischen institutionellen Handeln und der Institution an sich bereit sind. Interessant ist die Frage:
- Was macht es diesen Mitarbeiter:innen so schwer, eigene Verstrickungen zu reflektieren, eigenes und institutionelles Handeln auf Diskriminierungen hin zu überprüfen und bestenfalls zu verändern?
- Welche Befürchtungen verbinden sie mit der kritischen Reflexion, welche Vorerfahrungen erschweren das Unterfangen etc.?
Auch dafür bedarf es an Räumen.
Die Grundidee: Wir lernen gemeinsam in dem Wissen, dass es keine machtfreien Räume gibt und immer unterschiedliche Wissensbestände im Raum sind.
Als Grundidee bei der Entwicklung eines Austauschraums könnte im Vordergrund stehen, eine Möglichkeit zu schaffen, in einer weißen Umgebung zu Rassismus zu lernen, sich auszutauschen und sich weiterzuentwickeln. Es könnte so die Möglichkeit geben, Netzwerke zu gründen, verunsichernde Einzelfallsituationen und Praxisfälle zu besprechen, sich über Materialien auszutauschen und gemeinsam überlegen, wie aus einer privilegierten Position heraus diskriminierungskritisch gehandelt werden kann.
Die Kriterien: Der Raum ist für alle da, aber jede:r ist für seinen rassismuskritischen Lernprozess selbst verantwortlich
“Ich glaube, dass es für jede Einrichtung gut ist, das Thema in den Blick zu nehmen, um auf diese Reflexionsschiene zu kommen. Ich glaube nicht, dass man sagen kann, ihr müsst, das und das und das auf jeden Fall machen für eine rassismuskritische Arbeit,. Sondern dass es erstmal darum geht, das Team und die Teammitglieder so zu sensibilisieren, dass sie Sachen wahrnehmen. Also ich würde jetzt nicht konkrete Handlungsschritte definieren, sondern erstmal wirklich: Beschäftigt Euch als Team mit dem Thema und nehmt das in den Blick!”
Es ist wichtig, von Anfang an eine Kultur der gemeinsamen Verantwortungsübernahme zu etablieren. D.h. alle Teilnehmenden sind verantwortlich für:
- das geteilte Material: Filmtipps, Podcasts und Literatur,
- das Gestalten der Zeit, z.B. gemeinsam ins Kino, Theater, Museum, Lesen, an und mit Texten arbeiten …
- die Gestaltung des Raumes: Atmosphäre, Organisation, Inhalte,
- das Setzen von Prioritäten: Regelmäßigkeit, Zugänge, Zuverlässigkeit.
- Ein weißer Austauschraum sollte nicht sein….
- „Safe Space für Rassismus“, in dem ungefilterte Rassismen reproduziert werden können
- Ausrede, um in der weißen Komfortzone zu bleiben
- Rechtfertigung für das Aufrechterhalten weißer Räume
- Ersatz für „die unangenehmen Lernprozesse“ oder Safe(r) Spaces von und für BIPoC
- denn: egal, in welcher Rolle, weiße Menschen sind keine „Expert:innen für Rassismus“, sondern als Lernende, d.h. sie sprechen nicht als Expert:innen über Rassismus, aber sie müssen miteinander über Rassismus sprechen.
Ziel eines Lernraumes sollte es sein, über die persönliche Erfahrung von Scham und Schuld (vgl. Debus, 2021) „Bin ich ein guter Mensch?“, hin zu Handlungsfähigkeit zu gelangen, denn es geht letztendlich um Verantwortungsübernahme:
- In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?
- Wie wünschen wir uns unsere (pädagogischen) Räume und Beziehungen?
- Wie können wir dazu beitragen?
- Wie können wir mit Fehlern und Interessenkonflikten umgehen?
Dieser Artikel ist Teil unserer Publikation: “Handreichung: „Handlungsleitende Prinzipien. Safer Spaces für Schwarze Menschen, People of Colour und Indigenous People schaffen. Reflexionsräume für weiß positionierte Menschen initiieren” Weitere Informationen finden Sie hier